Von DevOps zu LawOps

Qualität und Wirkung rechtlicher Regelwerke im Zeitalter der Digitalisierung

Inhaltsverzeichnis

DevOps

Mit dem Konzept "DevOps" sollen die Qualität von Softwarelösungen, die Geschwindigkeit ihrer Entwicklung und Auslieferung sowie das Miteinander von Entwicklung und Betrieb verbessert werden.

Die Softwareentwicklung und der IT-Betrieb sind eigentlich grundverschiedene Bereiche. Traditionell agierten sie weniger miteinander, sondern eher nacheinander. Das Ausliefern einer neuen Software sorgte daher häufig für Spannungen zwischen beiden Bereichen. Vereinfacht kann der Zielkonflikt wie folgt beschrieben werden: Die Entwicklung möchte in erster Linie möglichst schnell die Anforderungen der Auftraggebenden an die Software erfüllen. Dazu werden Lösungen immer öfter agil entwickelt und neue Funktionen inkrementell in kürzeren Abständen bereitgestellt. Dies widerspricht jedoch den grundlegenden Zielen des IT-Betriebs, der vor allem Stabilität der Infrastruktur anstrebt. Der IT-Betrieb sieht daher tendenziell in jeder Veränderung ein potentielles Ausfallrisiko für die IT-Systeme ("Never change a running system!").

Software-Produkt und IT-Service gemeinsam denken!

So gut die neue Software des Entwicklerteams auch sein mag: Erst wenn der IT-Betrieb die Software bereitstellt, entfalten neue Funktionen für die Nutzenden ihre Wirkung.

Ein belgischer Systemadministrator erkannte, dass aufgrund der immer agileren und schnelleren Entwicklungszyklen eine verbesserte Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Softwareentwicklung und IT-Betrieb notwendig ist. Seine Erkenntnis führte 2009 zum Konzept DevOps, ein Kunstwort aus "Development" und "IT Operations". Es steht für den Ausgleich im Zielkonflikt zwischen Agilität und Stabilität.

(leer) Abbildung 1: Die DevOps-Schleife Quelle: BVA

DevOps fordert die bereichsübergreifende, unternehmensweite Zusammenarbeit von Management, Entwicklung und IT-Administration unter Einbeziehung der Auftraggebenden. Das Bundesverwaltungsamt setzt das DevOps-Konzept seit vielen Jahren erfolgreich im IT-Bereich ein. Alle Beteiligten arbeiten zusammen an der Erreichung des gemeinsamen Ziels: der möglichst schnellen und stabilen Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Software für die Nutzenden. Sie tragen gemeinsam Verantwortung für das Endergebnis. In regelmäßigen Feedback-Schleifen werden Erfahrungen und Anregungen der Nutzenden berücksichtigt. Dazu ist eine Kultur der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit flachen Hierarchien, mehr Kommunikation und großer Transparenz, weniger Bürokratie und Silodenken wichtig.

Das ganzheitliche Denken und die Zusammenarbeit aller in einer Prozesskette involvierten Teams kann auch auf weitere Gestaltungsbereiche außerhalb der IT übertragen werden.

LawOps

Mit "LawOps" sollen die Qualität und Wirkung rechtlicher Regelwerke, die Geschwindigkeit ihrer Umsetzung sowie das Miteinander von Rechtsetzung und Verwaltungsvollzug verbessert werden.

Auch die Rechtsetzung und der Rechtsvollzug sind eigentlich grundverschiedene Bereiche, die traditionell weniger miteinander, sondern eher nacheinander agieren. Ministerien und Gesetzgebung schaffen oft komplexe Regelwerke, um den politischen Willen sowohl rechtssicher als auch möglichst differenziert nach allgemeinen Fallkonstellationen abzubilden. Gleichzeitig wird eine möglichst zeitnahe, digitale und adressaten­orientierte Umsetzung erwartet, weil sich die Anforderungen der Gesellschaft an Staat und Verwaltung verändert haben. Gefordert werden zeitgemäße Verwaltungsleistungen sowie eine schnelle und unbürokratische Handlungsfähigkeit des Staates, nicht zuletzt angesichts neuer Herausforderungen wie der Corona-Pandemie.

Der Blick auf die (digitale) Umsetzbarkeit der Regelungen und den entstehenden Aufwand im Tagesgeschäft kommt bei der Rechtsetzung jedoch häufig zu kurz. Gesetzgebung und Ministerien verstehen aufgrund der systemischen Aufgabenteilung oft nicht, was zur Ausführung ihrer Regelwerke operativ erforderlich ist. So gut neue Rechtsvorschriften auch gestaltet sein mögen: Mit der Verabschiedung der Gesetze ist nur das Fundament gelegt. Die Umsetzung der Vorgaben ist entscheidend. Verwaltungskunden können erst profitieren, wenn Behörden die neuen Leistungen tatsächlich anbieten.

Gesetze entfalten ihre Wirkung also erst durch eine konkrete und praxistaugliche Umsetzung durch die Vollzugsbehörden. Die Verwaltung wünscht sich dafür möglichst eindeutige, einfach und schnell anwendbare Regelungen. Komplizierte und komplexe Regelwerke hingegen erschweren die Gestaltung intuitiv nutzbarer On­line-Leistungen für Privatpersonen und Unternehmen. Die Folge sind bürokratische, schwer verständliche und verschachtelte Verwaltungsangebote. Diese werden dann mitunter nur wenig genutzt und die von der Politik beabsichtigten Wirkungsziele im Extremfall verfehlt. Zudem kann das gegenseitige Verständnis von Politik, Ministerien und Behörden unter diesen scheinbaren "Vollzugsdefiziten" dauerhaft leiden.

Rechtsetzung und Verwaltungsvollzug gemeinsam denken!

Um mit der Dynamik der gesellschaftlichen Veränderungen und des technologischen Wandels Schritt halten zu können, müssen auch die Prozesse der Rechtsetzung weiterentwickelt werden. Das klassische Nacheinander von Gesetzgebung und Gestaltung der operativen Umsetzung wird den Erwartungen und Anforderungen an Staat und Verwaltung jedenfalls in der bisher gelebten Form nicht mehr gerecht. Die Zukunftsfähigkeit und Akzeptanz von Staat und Verwaltung wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell, flexibel, adressatenorientiert, digital und effizient sie agieren.

Es bietet sich daher an aus den guten Erfahrungen der IT zu lernen und das Dev­Ops-Konzept auf die Abstimmungsprozesse zwischen Rechtsetzung und Verwaltungsvollzug zu übertragen: Der Begriff LawOps verbindet dazu die Elemente Law (Recht, Regeln, Vorgaben) und Operations Management (Bereitstellen, Erbringen und Steuern von Dienstleistungen).

LawOps steht also übergreifend für eine intensivere Zusammenarbeit von Politik, Ministerien und Vollzugsbehörden. Je früher und besser die beteiligten Stellen gemeinsam kommunizieren und kooperieren, desto schneller und effektiver können Regelungen umgesetzt und Verwaltungsleistungen dauerhaft wirtschaftlich erbracht werden. Damit dabei die Perspektive der Nutzenden nicht zu kurz kommt, sollten, wo immer möglich, auch die Verwaltungskunden wie betroffene Privatpersonen und Unternehmen eingebunden werden.

Jede neue oder geänderte Rechtsetzung durchläuft vor dem Inkrafttreten den folgenden Prozess: Die Zusammenarbeit beginnt bereits mit dem (politischen) Impuls, der Gestaltungsidee. Aus ihr heraus werden die verfolgten Ziele und beabsichtigten Wirkungen festgelegt, auf deren Basis dann gemeinsam und interdisziplinär mit kreativen Methoden eine Lösung entworfen werden kann. Der Entwurf wird nun in einer Laborumgebung erprobt und anhand verbindlicher Prüfkriterien einem Umsetzungs- und Digitaltauglichkeitstest unterzogen. Ist der Test erfolgreich, wird der Service im Detail entwickelt. Im Zuge seiner Einführung werden Organisationsstrukturen geschaffen, (IT-)Infrastruktur installiert, Verwaltungsangestellte geschult und Service-Empfänger informiert, bis er schließlich zunehmend routiniert angewendet wird. Die Auswirkungen des Angebots werden kontinuierlich überwacht, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die verfolgten Ziele und Wirkungen erreicht werden oder wie diese weiter verbessert werden können.

(leer) Abbildung 2: Die LawOps-Schleife Quelle: BVA

Das Ergebnis dieser frühen und intensiven Zusammenarbeit von Rechtsetzung und Rechtsvollzug sind erstens zielgenaue, verständliche und digital umsetzbare Regelwerke, mit denen der politische Wille zur Förderung des Gemeinwohls erreicht werden kann. Zweitens ermöglicht sie nutzenoptimierte und zeitgemäße Verwaltungsleistungen, die effektiv und effizient erbracht werden. So können die Qualität und messbare Wirkung von Regelungen und die Geschwindigkeit ihrer Umsetzung durch das LawOps-Konzept maßgeblich unterstützt werden.

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Stand 10.08.2021