1 | Festlegung und Überprüfung der Projektrahmenbedingungen

Dieses Managementmodul muss kontinuierlich in allen Kernphasen eines Projekts angewendet werden – von der Projektanbahnung bis zum Abschluss der Umsetzung. Insbesondere zu Beginn eines Projekts ist dieses Modul von herausragender Bedeutung, da es den Gesamtrahmen für das Projekt definiert und so die Basis für alle Module schafft.

Bei Großprojekten empfiehlt es sich, vor Beginn des eigentlichen Projekts, in der Vorphase, eine Projektvorstudie durchzuführen. Im Rahmen einer solchen Vorstudie wird evaluiert, ob es überhaupt sinnvoll ist, das geplante Vorhaben (in Form eines Großprojekts) anzugehen. Der Prozess zur Erstellung einer Projektvorstudie gehört nicht zu den Kernphasen eines Großprojekts und wird daher hier nicht näher erläutert. Jedoch findet sich im Abschnitt „Ergebnisdokumente“ eine kurze Beschreibung der wesentlichen Punkte, die im Rahmen einer Projektvorstudie untersucht werden sollten. Die Projektvorstudie mündet im Regelfall in einer Entscheidungsvorlage, auf deren Basis entschieden wird, ob ein Großprojekt aufgesetzt wird oder nicht.

Aufgrund des voraussichtlich zu erwartenden langen Lebenszyklus eines Großprojekts muss sich ein Projektteam auf Wandlungen und Änderungen der Rahmenbedingungen einstellen und damit umgehen. Es ist daher wichtig, dass die Projektleitung die Rahmenbedingungen laufend überprüft, um einen solchen Änderungsbedarf zu erkennen und die nötigen Entscheidungsprozesse zur Aktualisierung anzustoßen.

Wenn sich die Projektrahmenbedingungen ändern, und damit die Ziele nur noch durch andersartige Lösungen erreicht werden können, müssen auch die Anforderungen, Spezifikationen und Lösungen sowie die Projektorganisation entsprechend angepasst und dokumentiert werden.

1.1 Ziele des Moduls

Durch die Festlegung und Überprüfung der Rahmenbedingungen sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • Klärung der Sinnhaftigkeit des Projekts: Bietet das Projekt (weiterhin) einen Mehrwert oder sollte es gar nicht erst aufgesetzt bzw. gestoppt oder neu ausgerichtet werden?
  • Definition der Gesamtausrichtung des Projekts: Was sind die Ziele des Projekts (Zieldefinition z. B. nach SMART)? Welches Ziel ist wie wichtig (Zielhierarchie z. B. nach MoSCoW)? Welche (wünschenswerten) Ziele liegen außerhalb des Projektumfangs?
  • Klärung der Gesamtorganisation des Projekts: Wer sind die wesentlichen Beteiligten? Was sind die wesentlichen Aufgabenblöcke? Wer ist für welchen Aufgabenblock verantwortlich? Welcher Aufgabenblock soll in welchem Zeitraum abgearbeitet werden? Woher kommen die dafür erforderlichen Ressourcen? An welchen Grundregeln soll sich die Zusammenarbeit und Kommunikation der Projektbeteiligten orientieren? Wie geht man mit Konflikten um?
  • Definition des Beitrags der einzelnen Aufgabenblöcke: Welcher Bestandteil des Projekts trägt wie zu welchen Zielen des Projekts bei?

1.2 Umsetzungsprozesse

 

Prozesse zum Management der Rahmenbedingungen Abbildung 6: Prozesse zum Management der Rahmenbedingungen

 

1.2.1 Initialer Prozess „Erreichen einer gemeinschaftlichen Zielvision“

1. Motivation und Lösungsvision für das Projekt umreißen

Zu Beginn des Projekts steht eine Idee, die dann in eine prägnante Motivation und Lösungsvision umzuwandeln ist. Eine gute Vision braucht nicht viele Worte, sie vermittelt ein großes Ziel auf klare und verständliche Weise (Beispiel: „Staufreies Ruhrgebiet“).

Der Zusammenhang zwischen Motivation, Zielen und Nutzen Abbildung 7: Der Zusammenhang zwischen Motivation, Zielen und Nutzen

Motivation und Vision ermöglichen dem Projektsponsoring und Projektbefürwortenden, die oberste Leitungsebene zu gewinnen und zu mobilisieren. Deren Unterstützung ist die Voraussetzung dafür, in der Organisation überhaupt ein Projekt starten zu können.

2. Treiber der Projektanbahnung identifizieren

Die Rolle Sponsor, Sponsorin als Mitglied der obersten Leitungsebene benötigt zumeist selbst Unterstützung, um die erhebliche Arbeit erledigen zu können, die mit der Initiierung eines Projekts verbunden ist. Hierzu sucht sie einen Treiber – idealerweise die künftige Projektleitung. Je nach Anforderungsprofil sind aber auch andere Treiber denkbar (z. B. eine in Budgetierungs- oder Vergabeprozessen versierte Person, wenn zur Projektanbahnung entsprechendes Wissen vonnöten ist).

3. Gemeinsame Zielvision und Projektgrundsätze erstellen und abstimmen

In bilateralen Gesprächen gilt es, Erwartungshaltung und Zielkonflikte mit anderen Stakeholderinnen und Stakeholdern offen anzusprechen und den gemeinsamen Umgang damit festzulegen. Anschließend wird eine Dokumentation der Zielvision erstellt, die die Interessen aller Stakeholder und Stakeholderinnen repräsentiert.

Praxistipp 1‑1: Ansprüche der Stakeholderinnen und Stakeholder aktiv managen
Viele Stakeholderinnen und Stakeholder neigen dazu, ihr Sachgebiet gegenüber anderen Themen und dem Projektziel höher zu priorisieren als objektiv notwendig. In diesen Fällen empfiehlt sich die Definition eines begründbaren, akzeptablen Anspruchsniveaus für die Projektziele (z. B. statt „maximale Datensicherheit“ eher „Umsetzung von Sicherheitsstandards, die sich in anderen Projekten von vergleichbarer Komplexität, Sensibilität und Größe bereits bewährt haben“).

Für die Zusammenarbeit im Projekt sollten Verhaltensgrundsätze festgelegt werden, diese können z. B. lauten:

  • Partnerschaftlich
    Das Projekt XYZ in der Organisation ABC hat für uns essenzielle Bedeutung. Wir alle sind Partnerinnen und Partner im Gelingen des Projekts. Auf Kosten der anderen können wir uns zwar kurzfristig profilieren, nicht aber langfristig profitieren. Im Ringen um gute Lösungen schenken wir uns dennoch nichts - außer gegenseitigem Respekt.
  • Ziel- und kundenorientiert
    Ziel des Projekts ist die Einführung der Software im Standard. Dabei stehen Anwenderinnen und Anwender und Kundschaft im Fokus. Der Projektumfang, die Projektplanung und alle getroffenen Absprachen sind verbindlich.
  • Pragmatisch
    Herausforderungen und Probleme diskutieren wir lösungsorientiert auf Basis von Fakten. Unter zwei nachhaltigen Lösungsalternativen ist die pragmatischere zugleich die bessere.
  • Offen
    Wir kommunizieren direkt, offen und proaktiv. Wir sprechen lieber miteinander als übereinander. Der Telefonhörer liegt uns näher als die Tastatur unseres Computers.

Abbilung 8: Beispiel für vereinbarte Grundlagen der Zusammenarbeit

4. Entscheidungsregeln bei Ziel- und Prioritätskonflikten festlegen

Aus dem Kreis der Stakeholderinnen und Stakeholder formiert sich anschließend meist auch der Lenkungsausschuss des designierten Projekts, der fortan das oberste Entscheidungsgremium darstellt.

Zu den Aufgaben des Lenkungsausschusses gehört u. a. die Billigung des Dokuments mit Projektmotivation, Zielen und Prioritäten. In diesem Dokument sollten auch die bei Analysen und Interviews mit Stakeholdern und Stakeholderinnen aufgetretenen Konflikte offen dokumentiert werden, ebenso sollte die designierte Projektleitung einen Vorschlag zum Umgang mit diesen Konflikten machen. Vielfach sind solche Zielkonflikte nicht mit einer einmaligen Entscheidung gelöst. Der Lenkungsausschuss sollte aus diesem Grunde ein Eskalationsmodell verabschieden: wer ist zu involvieren, wenn eine Ebene im Projekt keine Einigung erzielen kann?

1.2.2 Initialer Prozess „Grobplanung des Projekts“

1. Groben Stufen- und Meilensteinplan definieren

In diesem Schritt werden die Fragen beantwortet, wann die verschiedenen Stufen der Lösung umgesetzt werden sollen und wieviel Zeit für die einzelnen Stufen vorzusehen ist.

Im Idealfall ist die Terminvorgabe entweder durch Inhalt und verfügbare Ressourcen bestimmt oder Inhalt und Ressourcen richten sich nach der Terminvorgabe. Abgeschätzt werden kann dies oft erst im Rahmen der Grobplanung. Diese dient deshalb auch der Überprüfung, ob die durch Stakeholderinnen und Stakeholdern bzw. Auftraggeberinnen und Auftraggebern vorgegebenen Termine und Budgets miteinander in Einklang zu bringen sind.

2. Grobes Vorgehensmodell definieren

Gerade in Großprojekten sollte das Vorgehensmodell mit Bedacht ausgewählt werden. Neben dem Vorgehensmodell ist auch ganz allgemein festzulegen, welche Teile des Projekts in welchem Umfang durch externe und/oder interne Mitarbeitende erledigt werden sollen.

3. Kosten-Nutzen-Analyse erstellen, Verantwortliche definieren

Im Rahmen der Erstellung der Kosten-Nutzen-Analyse müssen der voraussichtliche Aufwand und der dem Aufwand gegenüberstehende Nutzen erfasst und quantifiziert werden. Zudem sind die Verantwortlichen für die Ausschöpfung der Nutzenpotenziale und die Kosten zu definieren.

Die in der Kosten-Nutzen-Analyse festgeschriebenen Nutzenvorgaben des Projekts werden idealerweise von den maßgeblichen Stakeholderinnen und Stakeholdern gegengezeichnet. Änderungen sind ohne Entschluss des Lenkungsausschusses nicht zulässig.

4. Projektcharta erstellen

Die Projektcharta als Dokument fasst inhaltliche, finanzielle und technische Aspekte der Lösungs- und Projektdefinition zusammen und stellt damit eine Detaillierung/Konkretisierung der Projektziele dar. Es wird empfohlen, dass der Projektauftraggeber, die Projektauftraggeberin sowie Projektauftragnehmer, Projektauftragnehmerin und die Gesamtprojektleitung die Charta unterschreiben, um so ihre Verpflichtung gegenüber dem Projekt zu zeigen.

Praxistipp 1‑2: Projektcharta entscheidet häufig über Erfolg und Misserfolg eines Projektes
Um von Beginn an ein gemeinsames Verständnis über Inhalte, Ziele, und Projektumfang zwischen den wichtigsten Beteiligten zu erhalten, ist eine Projektcharta unerlässlich. Es sollte genügend Zeit für die Erstellung der Projektcharta investiert werden. Erfahrungsgemäß bietet sich dafür die Durchführung eines ein- bis zweitägigen Workshops an.

5. Projekt- und Mittelgenehmigung erreichen

Am Ende der Anbahnung steht der förmliche Start für das Projekt. Grundlage dafür sind die in den vorausgegangenen Schritten erstellten Dokumente.

Damit das Projekt auch während einer langen Laufzeit über ausreichend Mittel und Personal verfügt, ist schon zu Beginn eine vollständige Budgetfreigabe bzw. Personalbereitstellung anzustreben. Für das Budget muss diese Freigabe sowohl auf der Ebene des Gesamtbetrags als auch auf der Ebene von Jahresbudgets erfolgen, häufig noch aufgeteilt in haushaltswirksame und nicht haushaltswirksame Anteile. Ein Teil des Budgets (ca. 20 bis 30 %) sollte unbedingt als Risikopuffer für ungeplante Änderungen vorgehalten und nicht von vornherein verplant werden.

1.2.3 Laufender Prozess „Periodische Überprüfung der Projektrahmenbedingungen“

1. Projektziele auf Relevanz und Erreichbarkeit prüfen

Ändern sich die Rahmenbedingungen des Projekts, z. B. durch gesetzliche Änderungen, muss die Projektleitung die Auswirkungen auf die bisherigen Projektziele analysieren und überprüfen. Ebenso ist regelmäßig zu prüfen, ob der geplante Nutzen noch in der ursprünglichen Form ge­geb­en sein wird. Auch die Notwendigkeit des Projekts kann immer wieder in Frage gestellt werden, wenn alternative Lösungsmöglichkeiten gefunden werden oder sich andere Bedingungen geändert haben.

Die Überprüfung der Projektziele erfolgt durch das Projektmanagement-Modul „Projektplanung und -controlling“, und zwar im Rahmen der dort laufenden Planungs- und Controlling-Aktivitäten. Methodisch können hier die entsprechenden Prüffragen hinsichtlich Projektzielen, Kosten-Nutzen-Analyse und Projektumfang zum Einsatz kommen, die im Werkzeug „Projektkompass“ aufgeführt sind.

Praxistipp 1‑3: Projektziele regelmäßig prüfen
Dieser Prozess wird hier so explizit erwähnt, weil es in der öffentlichen Verwaltung häufig vorkommt, dass Ziele, Anforderungen und Spezifikationen nach Abschluss der Projektanbahnungsphase nicht mehr in Frage gestellt werden.

2. Einbindung der maßgeblichen Stakeholderinnen und Stakeholder sichern

Die Stakeholderinnen und Stakeholder auf das gemeinsame Ziel einzuschwören, ist keine einmalige, sondern eine kon­tinuierliche Aufgabe. Es muss festgelegt werden wie und wann maßgebliche Stakeholder und Stakeholderinnen eingebunden werden sollen. Das Stakeholdermanagement wird im Modul „Kommunikationsmanagement“ ausführlich erläutert.

Neben anlassbezogenen Gesprächen ist ein regelmäßiger bilateraler Austausch zwischen Projektleitung und den maßgeblichen Stakeholderinnen und Stakeholdern unerlässlich. Die Besprechungsform eines Jour fixe ist hierfür bewährt. In diesen Jour fixe sollte nicht der aktuelle Projektstatus im Mittelpunkt stehen, sondern die gemeinsame Reflexion und Diskussion von Entscheidungen, Risikofaktoren und Prioritäten. Für den Projektleiter bzw. die Projektleiterin ist das Zuhören das wichtigste Mittel, um beginnende Zielkonflikte oder Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projekts früh erspüren und er­gründen zu können.

Zur Überprüfung der Einbindung eignen sich wiederum die entsprechenden Prüffragen, die im „Projektkompass“ aufgeführt sind.

3. Ziele und Projektumfänge, Terminpläne und Budgets aktualisieren

Müssen Ziele oder sonstige Planungsparameter im Projekt geändert werden, gibt es verschiedene Handlungsmöglichkeiten, wie z. B.:

  • eine Reduzierung der vom Projekt zu liefernden Lösung (Descoping),
  • das Hinterfragen und Anpassen der (Qualitäts-)Ziele,
  • die Berücksichtigung von Lösungen außerhalb des ursprünglich vorgegebenen Lösungskorridors (und damit eine Änderung der Kosten-Nutzen-Analyse),
  • eine Reduzierung der Kosten,
  • die nochmalige Prüfung der Lösungsdetaillierung oder
  • die Delegation nach oben an den Lenkungsausschuss mit dem Auftrag, geänderte Rahmenbedingungen (z. B. einen gestreckten Terminplan) zu schaffen.

Die Notwendigkeit einer Änderung wird im Rahmen des Projektmanagement-Moduls „Projektplanung und -controlling“ erkannt. Im Projektcontrolling wird regelmäßig geprüft, ob es zu Abweichungen von den vorgegebenen Rahmenbedingungen gekommen ist.

1.3 Ergebnisdokumente

Es folgt ein Überblick über die empfohlenen Ergebnisdokumente des Moduls Festlegung und Überprüfung der Projektrahmenbedingungen. Der Zweck und die wesentlichen Inhalte jedes dieser Dokumente werden im Folgenden kurz erläutert.

  • Projektvorstudie: Die Projektvorstudie enthält alle Inhalte, die für die Beurteilung der Sinnhaftigkeit eines geplanten Großprojekts relevant sind. Hierzu gehören typischerweise:
    • Definition von Zielen und zu erwartenden Ergebnissen sowie deren Nutzen
    • Voraussichtlich zu betreibender Aufwand zur Erstellung der Ergebnisse
    • Zeitrahmen
    • Benötigte Ressourcen
    • Benennung der Rahmenbedingungen (z. B. Gesetze, Ressourcen- oder Zeitbeschränkungen, Vorgaben zu Mindestqualität)
    • Wesentliche Stakeholderinnen und Stakeholder
    • Risiken

Praxistipp 1‑4: Erfassung von Nutzen auch im politischen Umfeld notwendig
In vielen Projekten des öffentlichen Sektors ist die Frage nach dem Nutzen schwierig zu beantworten. Insbesondere übergreifende Erwägungen wie Technologieführerschaft oder Befriedung von Anspruchsgruppen sträuben sich gegen quantitative Bewertungen und führen häufig zu einer Negierung von Risiken.
Hier empfiehlt es sich, die angestrebten Nutzentreiber genau zu verstehen (z. B. „Wir wollen einer Schlüsseltechnologie durch praktischen Einsatz zum Durchbruch verhelfen“) und dann Alternativlösungen zum Großprojekt vorzuschlagen (z. B. Vorschaltung einer Pilotierung).

  • Genehmigungsdokumente (Projektauftrag): Der Projektauftrag ist die offizielle Genehmigung des Projekts. Die spezifischen Inhalte dieses Dokuments hängen von den internen Vorgaben der jeweiligen Organisation ab. In der Regel gibt es hierfür organisationsinterne Standardformulare.

  • Projektmotivation, Ziele und Prioritäten: Dieses Dokument enthält in der Regel folgende Inhalte:
    • Beschreibung der zentralen Motivation für die Durchführung des Projekts
    • Darstellung der wesentlichen Ziele, die mit dem Projekt erreicht werden sollen
    • Regelungen zur Priorisierung der einzelnen Ziele (zum Beispiel durch die Unterscheidung zwischen Muss-, Soll- und Kann-Zielen). Eine solche Zielhierarchie ist unerlässlich, da sich Zielkonflikte in Großprojekten nicht vermeiden lassen.

  • Umsetzungsanalyse: Eine Umsetzungsanalyse untersucht, wie das Projekt umgesetzt werden kann. Typische Inhalte sind:
    • Lösungsvarianten: Welche Ansätze zur Umsetzung des Projekts gibt es? Welche Sensitivität besteht bei den einzelnen Varianten in Bezug auf eine mögliche Änderung der Grundannahmen (z. B. Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer, gesetzliche Änderungen, veränderte Sicherheits-/Datenschutzvorgaben)?
    • Zuschnitt des Projekts: Wie sollte der optimale Schnitt für die Bestandteile des Projekts aussehen?
    • Make-or-Buy-Analyse: Welche Projektbestandteile sollen an externe Dienstleister vergeben werden und welche sollen durch die Organisation selbst bearbeitet werden?
    • Marktanalyse: Für Projektbestandteile, die extern vergeben werden sollen, muss der Markt sondiert werden: welche Anbieter bieten was an? Gibt es Standardlösungen und wie sind diese zu bewerten gegenüber Individuallösungen? Welche Mindestanforderungen sind zu stellen? Wie muss das Vergabeverfahren aussehen?

Praxistipp 1‑5: Umsetzungsanalyse zur Einbindung der Stakeholderinnen und Stakeholder nutzen
Bei Großprojekten in der öffentlichen Verwaltung empfiehlt es sich, die Umsetzungsanalyse auch für die Kommunikation nach innen und außen zu nutzen. So wird die Entscheidung für ein bestimmtes Projektdesign für alle Stakeholderinnen und Stakeholder besser nachvollziehbar.

  • Kosten-Nutzen-Analyse: Die Kosten-Nutzen-Analyse bewertet die Kosten- und Nutzentreiber und stellt diese einander gegenüber. Typische Inhalte sind:
    • Kosten-/Budgetschätzung: Was ist der grobe Aufwand für Konzeption und Umsetzung der umrissenen Lösung? Welche weiteren Kosten können entstehen?
    • Folgekostenabschätzung: Was sind zukünftige Aufwände für z. B. Lizenzkosten, Weiterentwicklung, Schulungskosten oder Betrieb?
    • Nutzenspezifikation: Was sind die Treiber des Nutzens des Projekts? Wie lassen sich diese quantifizieren und messen?
    • Verantwortliche für die identifizierten Nutzentreiber: Welches Mitglied der obersten Leitungsebene ist für welche Nutzentreiber verantwortlich?
    • Verantwortliche für Kostentreiber: Wer behält den Überblick über die anfallenden und sich ggf. verändernden Kosten und identifiziert Kostentreiber?

  • Projektcharta: Die Projektcharta schildert kurz und knapp die zentralen Punkte des Projekts. Sie hat den Charakter eines Vertrags zwischen Auftraggeber, Auftraggeberin, Gesamtprojektleitung und weiteren Beteiligten (z. B. Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer für die Umsetzung). Eine solche knappe Charta ermöglicht einen besseren Überblick und schafft damit mehr Verbindlichkeit als detaillierte Teilbeschreibungen. Typische Inhalte sind:
    • Motivation
    • Ziele
    • wichtigste fachliche Anforderungen
    • Kosten und Nutzen der verschiedenen Lösungsoptionen
    • Projektvoraussetzungen
    • Abhängigkeiten
    • Grundlagen der Zusammenarbeit

  • Projektorganigramm/Übersicht Stakeholderinnen und Stakeholder: Dieses Dokument ermöglicht einen schnellen Überblick über die wesentlichen Beteiligten des Projekts. Es beinhaltet eine Übersicht über:
    • die wichtigsten Stakeholderinnen und Stakeholder
    • die bereits bekannten Mitglieder des Kernteams

Ein detailliertes Projektorganigramm wird im Rahmen des Moduls „Festlegung und Über­prüfung der Projektorganisation“ erstellt.

  • Projektgrobplanung: Die Grobplanung enthält erste Festlegungen zu folgenden Themen:
    • Vorgehensmodell: Nach welchem Vorgehensmodell / welchen Vorgehensmodellen soll im Projekt gearbeitet werden (in IT-Projekten z. B. nach dem V-Modell)?
    • Budget / Aufwand: In welcher Projektphase werden welche Ressourcen benötigt?
    • Termine / Meilensteine: Wie ist der grobe Ablauf des Projekts, was sind die wesentlichen Meilensteine?
    • Verantwortlichkeits- und Eskalationsmodell: Wer sind die Verantwortlichen im Projekt (auf Auftraggeber- und Auftragnehmerseite)? Wofür sind sie genau verantwortlich? Wer ist die Eskalationsinstanz, falls sich der Erfolg nicht einstellt?

1.4 Rollen

Rollenbezeichnungen und die damit verbundenen Funktionen und Aufgaben variieren häufig von Organisation zu Organisation. Die Rollenbezeichnungen in diesem Dokument sind daher nur ein Vorschlag. Wichtig ist im Projekt nicht die Rollenbezeichnung als solche, sondern dass jeder Beteiligte die damit verbundenen Aufgaben und Verantwortungen kennt.

Im Rahmen der Festlegung und Überprüfung der Rahmenbedingungen sind folgende Rollen
vorzusehen:

RolleFunktion
Haupt-Projektsponsoring / Projektauftraggeber, Projektauftraggeberin

Person, die eine ungefähre Idee in eine konkrete Motivation verwandelt, das Projekt während der Laufzeit wahrnehmbar fördert, ggf. den Prozess der Projektanbahnung initiiert und lenkt – wird später oft Projekteigner bzw. Projekteignerin.

  • Stellt meist das Budget.
  • Zumeist ein Mitglied der obersten Führungsebene, das andere Mitglieder der obersten Führungsebene für das Projekt begeistert, die Begeisterung am Leben hält und in Mitwirkung und Verantwortungsübernahme umwandelt.
Maßgebliche Stakeholderinnen, Stakeholder und weiteres Projektsponsoring

Sind am Erfolg des Projekts und an der Anpassung des Projekts an ihre Anforderungen und Bedürfnisse interessiert.

Steuern Budget und Ressourcen bei (Projektmitarbeitende, Expertise, etc.).
Treiber der Projekt­anbahnung

Person, die in Projektleitungsfunktion das Projekt vorbereitet und später oft Gesamtprojektleitung übernimmt.

  • Managt die Prozesse bei der Festlegung der Projektrahmenbedingungen.
  • Führt die Grobplanung durch und überprüft sie.
  • Erstellt Genehmigungsunterlagen.
Projekteigner, Projekteignerin

Verantwortet das Projekt als Ganzes während der Projektlaufzeit. Ist häufig identisch mit dem Projektauftraggeber bzw. der Projektauftraggeberin.

  • Verantwortet das Projektbudget während und nach der
  • Bildet die Schnittstelle des Projekts zur Organisation.
  • Ist erste Ansprechperson der Projektleitung.
Gesamtprojektleitung

Person, die häufig im Laufe der Projektanbahnung (offiziell) benannt wird und von da an die Verantwortung für das Projekt übernimmt.

  • Verantwortet die Verwendung des
  • Finalisiert Lösungsdefinition und Grobplanung.
  • Stellt Kernmannschaft nach Projektgenehmigung
  • Überprüft kontinuierlich die Rahmenbedingungen, initiiert gegebenenfalls einen Aktualisierungsprozess.
Interne und externe Expertinnen und Experten Werden vom Treiber der Projektanbahnung herangezogen, um Lösungsoptionen vorzuschlagen und bei Spezialthemen zu unterstützen.
Tabelle 2: Rollen und Funktionen bei Festlegung und Überprüfung der Projektrahmenbedingungen

1.5 Erfolgsmessgrößen

Die Überprüfung, ob die Rahmenbedingungen des Projekts hinreichend gut definiert wurden bzw. definiert sind, erfolgt am einfachsten über die Prüffragen zur Statusbestimmung des Projekts zu den Erfolgsfaktoren eins bis vier im Werkzeug „Projektkompass“.

1.6 Vorlagen

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Stand 04.11.2019