2 | Vergabe- und Vertragsmanagement

Dieses Managementmodul kommt in allen Kernphasen eines Projekts zum Einsatz – von der Projektanbahnung bis zum Abschluss der Umsetzung. In der Anbahnungs- und in der Konzeptphase liegt der Tätigkeitsschwerpunkt in der Regel auf dem Vergabemanagement. In den nachfolgenden Phasen dominiert typischerweise das Vertragsmanagement. Das Vertragsmanagement ist verantwortlich für die Sicherstellung der formalen Einhaltung der Verträge.

Vergaberecht und Vertragsgestaltung unterliegen strengen Regularien. Aufgrund der umfassenden und strikten Vorgaben ist es in jedem Fall empfehlenswert, in allen Phasen einer Vergabe die Vergabe- und Rechtsabteilung einzubinden.

Praxistipp 2-1: Wirtschaftliche Vergabe sicherstellen
In der öffentlichen Verwaltung wird häufig der finanzielle Rahmen für eine Vergabe zu früh offengelegt. Das führt dazu, dass die Projekte nicht den notwendigen inhaltlichen Umfang bzw. keine bedarfsgerechte Lösung erhalten. Projektumfänge werden größer als notwendig. Folgende Fragen sind nacheinander zu beantworten: Wer kann das Problem wie lösen? Wieviel Mittel müssen dann eingeplant werden?

2.1 Ziele des Moduls

Die Hauptziele des Vergabe- und Vertragsmanagements sind:

  • Auswahl geeigneter Dienstleisterinnen und Dienstleister: Es muss sichergestellt werden, dass alle Dienstleister und Dienstleisterinnen, die an dem Projekt mitwirken, fachlich, organisatorisch, ressourcentechnisch und sprachlich (Beispiel EU-Ausschreibung) in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben erfolgreich umzusetzen.
  • Abschluss klarer und vollständiger Verträge: Mit allen wichtigen Partnern und Partnerinnen im Projekt sind Verträge zu schließen, in denen alle wesentlichen Aspekte der Zusammenarbeit schriftlich fixiert sind. Dies gilt nicht nur für externe Dienstleisterinnen und Dienstleister, sondern auch für andere Projektpartner und Projektpartnerinnen z. B. andere Bundesbehörden.
  • Bedarfsorientierte Bereitstellung von Vertragsinhalten: Alle relevanten Projektbeteiligten müssen zu jedem Zeitpunkt im Projekt auf alle für sie relevanten Vertragsinformationen in aktueller Form zugreifen können.
  • Sicherstellung der Vertragserfüllung: Es muss sichergestellt werden, dass die vertraglich vereinbarten Leistungen tatsächlich erbracht werden – von allen Vertragsparteien!
  • Sicherstellung der Vertragskontinuität: Es ist sicherzustellen, dass alle für das Projekt benötigten externen Leistungen über den gesamten Zeitraum hinweg verfügbar sind, in dem ein Bedarf an der jeweiligen Leistung besteht.

2.2 Umsetzungsprozesse

Prozesse im Vergabe- und Vertragsmanagement Abbildung 9: Prozesse im Vergabe- und Vertragsmanagement

2.2.1 Initialer Prozess „Erreichen einer gemeinschaftlichen Zielvision“

1. Verantwortlichkeiten und Rollen festlegen

Das Vergabe- und Vertragsmanagement ist frühzeitig in der Projektanbahnungsphase aufzubauen, um etwaige Vergaben vorzubereiten und durchzuführen. Der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin muss rechtzeitig eine für die Ausschreibung verantwortliche Person aus seiner Organisation benennen.

Praxistipp 2-2: Vergaberechtsfristen beachten
In der öffentlichen Verwaltung sind die sich aus dem Vergaberecht ergebenden Fristen zu beachten.

Um die laufenden Prozesse des Vertrags- und Vergabemanagements durchzuführen, sind die entsprechenden Rollen und Verantwortlichkeiten festzulegen.

2.2.2 Initialer Prozess „Vergabe durchführen“

1. Vertragliche/Rechtliche Rahmenbedingungen festlegen

Vor Beginn der Vergabe ist zunächst festzulegen, welche Teile des Gesamtprojekts externe Auftragnehmer und Auftragnehmerinnen übernehmen sollen. Die Abgrenzung, welche Ressourcen extern zugekauft werden müssen, ergibt sich aus der Projekt- und Personalplanung in Kombination mit den zu erreichenden Zielen.

Im einfachsten Fall handelt es sich um die einmalige Lieferung von Standardprodukten (z. B. Softwarelizenzen, Hardware), die ohne weitere Unterstützung durch das liefernde Unternehmen sofort im Projekt eingesetzt werden können. In komplexeren Fällen werden Konzeptions- und Implementierungsarbeiten oder Prozessunterstützung ausgelagert, eventuell kombiniert mit einer nach Projektende fortlaufenden Betreuung (z. B. Wartung einer Software).

Für jede durch externe Auftragnehmerinnen bzw. Auftragnehmer zu erbringende Leistung ist ein Modell für die Zusammenarbeit festzulegen. Dieses wird später im Vertrag berücksichtigt. Im Rahmen des Modells muss die Rolle des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin entscheiden, in welcher Form und mit welcher Kapazität sie einen oder mehrere externe Auftragnehmerinnen/Auftragnehmer steuern kann (z. B. klarer Fokus auf fest vereinbarte Liefergegenstände oder flexible Zusammenarbeit in gemischten Teams).

Bei Großprojekten muss aus Auftraggebersicht explizit entschieden werden, wer die Gesamtverantwortung für die Erarbeitung eines komplexen, da aus mehreren Teilen bestehenden, Projektergebnisses trägt. Die folgenden Konstellationen sind möglich:

  • Ein externer Auftragnehmer bzw. eine externe Auftragnehmerin fungiert als Generalunternehmer, Generalunternehmerin und zeichnet für die Lieferung aller Projektergebnisse verantwortlich. Da in der Regel eine externe Fachkraft nicht über alle Kompetenzen verfügt, um eine umfassende Lösung zu liefern, hat diese Rolle die Aufgabe, Unterauftragnehmerinnen/Unterauftragnehmer einzubinden, die Teile der Ergebnisse liefern. Die Gesamtverantwortung bleibt aber für alle Ergebnisse beim Generalunternehmer bzw. bei der Generalunternehmerin.
  • Der Auftraggeber, die Auftraggeberin behält die Gesamtverantwortung für das Projektergebnis. Er bzw. sie übernimmt damit das Management des Gesamtprojekts und bindet bei Bedarf externe Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer für einzelne Ergebnisse oder Unterstützungsleistungen ein.
  • Mischformen, in denen der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin die Gesamtverantwortung behält, jedoch größere Pakete aus mehreren Einzelergebnissen an externe Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer vergibt.

Welche Konstellation geeignet ist, hängt sehr stark vom Projekt sowie den Erfahrungen, Fähigkeiten und der Personalausstattung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin ab. Die Kosten für eine Generalunternehmer-Konstellation sind abzuwägen gegen den Aufwand und das Risiko einer Steuerung durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

Grundsätzlich sind in jeder Konstellation mit externen Partnerinnen und Partnern die passende Vertragsart und das entsprechende Abrechnungsmodell zu wählen. Dafür stehen zwei Modelle der Abrechnung zur Verfügung: Festpreis- bzw. Aufwandsprojekte. Sie werden hier kurz gegenübergestellt.

 FestpreisAufwand

 

Chancen

  • Kosten sind von Beginn an kalkulierbar.
  • Dienstleister/Dienstleisterin kann die besten Ressourcen gut einplanen.
  • Höhere Flexibilität der Dienstleisterin/des Dienstleisters bei der Projektdurchführung.
  • Nur angefallene Leistungen werden abgerechnet.
  • Große Flexibilität bei unklaren Anforderungen und Rahmenbedingungen.
  • Anfangsaufwand ist relativ gering.

 

Risiken

  • Änderungsanforderungen können das Projekt verteuern.
  • Selten sind alle Anforderungen bekannt, sodass die Dienstleisterin/der Dienstleister einen hohen Sicherheitsaufschlag einkalkuliert (Projekte werden teurer angeboten).
  • Anfangsaufwand für Planung und Spezifikation der Anforderungen ist relativ hoch.
  • Anforderungen an Auftraggeberin/Auftraggeber sind höher, da größerer planerischer Aufwand und Controlling-Tätigkeiten erforderlich sind.
  • Unsicherheit welche finanziellen Ressourcen letztendlich notwendig werden.
Tabelle 3: Chancen und Risiken von Festpreis- und Aufwandsprojekten

Praxistipp 2-3: Festpreisprojekte eignen sich nicht in jeder Situation
Wird im Vertrag ein Festpreis vereinbart, setzt dies voraus, dass alle Informationen für die Vergabe der Leistungen vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, sind also die Rahmenbedingungen und/oder Anforderungen unklar, ist es sinnvoll, zunächst eine Konzept- oder Spezifikationsphase zu planen und diese nach Aufwand abzurechnen.
Wird trotz unklarer Rahmenbedingungen und Anforderungen ein Festpreis vereinbart, sollten die Annahmen, die den Vergabeunterlagen (Ausschreibung) und den zugehörigen Angeboten und Verträgen zugrunde liegen, genau dokumentiert und im Projektverlauf regelmäßig verifiziert werden. Außerdem ist bei unklaren Rahmenbedingungen und Anforderungen möglicherweise eine Vielzahl kostenpflichtiger Änderungsanforderungen zu erwarten.

2. Ausschreibung durchführen

Sind die durch externe Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen definiert, erfolgt die Ausschreibung dieser Leistungen. Passend dazu werden Bewertungs- und Ausschlusskriterien festgelegt, die sicherstellen, dass der externe Auftragnehmer bzw. die externe Auftragnehmerin die geforderte Leistung tatsächlich erbringen kann. Dabei geht es zum einen um technische und fachliche Anforderungen, die sicherstellen sollen, dass ein externer Auftragnehmer bzw. eine externe Auftragnehmerin genügend Expertise in der fachlichen Domäne oder die vorgesehenen technischen Infrastruktur besitzt. Zum anderen sollten auch Anforderungen an die Zusammenarbeit definiert werden. So kann beispielsweise ein Kriterium sein, dass der Auftragnehmer bzw. die Auftragnehmerin regelmäßig Planungs- und Controlling-Informationen liefert. Bei Großprojekten muss zudem durch die Auswahl geeigneter Kriterien sichergestellt werden, dass nur externe Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer in die engere Wahl kommen, die auch tatsächlich in der Lage sind, die komplexen Anforderungen zu erfüllen, die die Beteiligung an einem Großprojekt mit sich bringt.

Anhand der festgelegten Kriterien erfolgt nach Erhalt der Angebote die spätere Auswahl der externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer (siehe unten).

Praxistipp 2-4: Vergaberecht entscheidet über Ausschreibungsart
In der öffentlichen Verwaltung wird anhand des Vergaberechts entschieden, in welcher Art und Weise eine Ausschreibung zu erfolgen hat (z. B. freihändige Vergabe, offenes Vergabeverfahren oder Verhandlungsverfahren). Um alle vergaberechtlichen Vorgaben einzuhalten ist die Einbindung der zuständigen Vergabe- und Rechtsabteilung erforderlich.

3. Externe Auftragnehmer und Auftragnehmerinnen auswählen und Verträge schließen

Die eingegangenen Angebote der potenziellen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer werden anhand der zuvor festgelegten Kriterien ausgewertet und der oder die Auftragnehmer bzw. Auftragnehmerinnen ausgewählt.

Mit jedem einzelnen externen Auftragnehmer bzw. jeder einzelnen externen Auftragnehmerin werden schließlich für die zu erbringenden Leistungen Verträge abgeschlossen. Neben der klaren und deutlichen Formulierung der Vertragsinhalte sollen die Verträge so gestaltet sein, dass sie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien fördern.

Die für die Ausschreibung verantwortliche Person sorgt für die Unterschrift der jeweils verantwortlichen Mitarbeitenden beider Seiten und damit für das Inkrafttreten der Verträge.

Praxistipp 2-5: Abnahmekriterien zur Inbetriebnahme sind im Vertrag detailliert festzuhalten
In IT-Projekten sollte bei Bedarf eine Regelung zur Inbetriebnahme in den Vertrag aufgenommen werden. Wird ein IT-System in Betrieb genommen, ohne dass formal die Abnahme erteilt wurde, gilt die Abnahme normalerweise als erteilt (konkludentes Handeln). Gibt es jedoch gesetzlich vorgeschriebene Termine, die eine Inbetriebnahme zwingend erfordern, kann im Vertrag festgelegt werden, dass damit keine Abnahme verbunden ist. In diesem Fall sollte jedoch festgelegt werden, was als „abnahmeverhindernder“ Fehler gewertet wird (normalerweise ist das Attribut „abnahmeverhindernd“ ein Synonym zu „produktionsverhindernd“). Der Einhaltung wichtiger Termine kann darüber hinaus durch die Vereinbarung von Vertragsstrafen besondere Bedeutung verliehen werden. Diese sollten bereits in der Ausschreibung benannt werden, da eine nachträgliche Aufnahme in die Verträge nur schwer möglich ist.

Neben den Verträgen mit externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmern sind im Rahmen dieses Prozessschritts auch die Verträge mit anderen Partnerinnen und Partnern (z. B. anderen Behörden) abzustimmen und zu unterzeichnen. Auch diese Verträge müssen alle wesentlichen Regelungen zur Zusammenarbeit enthalten, so wird die gemeinsame Zusammenarbeit auf ein stabiles Fundament gestellt.

2.2.3 Laufender Prozess „Verträge erfüllen“

1. Vertragserfüllung laufend sicherstellen

Das Vertragsmanagement muss sicherstellen, dass die in den Verträgen vereinbarten Leistungen von allen Vertragspartnern erbracht werden. Um dies zu ermöglichen, sind alle abgeschlossenen Verträge sowie ihre kaufmännisch relevanten Inhalte in einer Vertragsübersicht zu dokumentieren. Im Projektverlauf müssen alle Änderungen zu den kaufmännisch relevanten Vertragsinhalten in der Vertragsübersicht dokumentiert werden (wie Status, Vertragserweiterung, etc.). So wird sichergestellt, dass jederzeit eine aktuelle Übersicht über den Stand der Vertragserfüllung vorliegt. Aufgrund der Komplexität wurde dafür im Bundesverwaltungsamt eine eigene Softwarelösung (Bo@t) entwickelt.

Die inhaltliche und funktionale Prüfung und Sicherstellung der Einhaltung der Verträge erfolgt im Rahmen des Qualitätsmanagements, denn dieses muss das Vertragswerk ohnehin zur Erarbeitung der Qualitätsziele, -kriterien und -maßnahmen kennen und prüfen.

Praxistipp 2-6: Budgeteinhaltung durch Sicherstellen der vereinbarten Leistungen gewährleisten
In Großprojekten kommt der Einhaltung der im Vertrag vereinbarten Leistungen auf Grund der Höhe des möglichen Schadens besondere Bedeutung zu. Beispielsweise summieren sich die Personalkosten (interne Personalkosten und Tagessätze externer Mitarbeitender) in einem Projekt mit 100 Mitarbeitenden schon innerhalb weniger Wochen zu einer Größenordnung im Millionenbereich. Daher ist die Einhaltung der vereinbarten Leistung nicht nur zu kontrollieren, sondern schon im Vorfeld proaktiv sicherzustellen.

Sind Vertragsstrafen vereinbart, wird während der Projektlaufzeit regelmäßig geprüft, ob eine Vertragsstrafe geltend gemacht werden muss.

Die Einhaltung formaler Vertragskriterien sollte durch die Vertragsadministration, eine Person die i. d. R. im PMO arbeitet, unterstützt werden. Zu seinen Aufgaben gehört es, regelmäßig das Ende von Verträgen zu prüfen und bei Bedarf die Verlängerung oder eine neue Vergabe zu initiieren. Der Zeitraum, in dem eine Leistung benötigt wird, kann auch kürzer oder länger als die Projektlaufzeit sein.

2. Verträge aktualisieren

Nicht selten ergeben sich im Projektverlauf unvermeidbare Änderungen, die sich auf bestehende Verträge auswirken bzw. den Abschluss neuer Verträge erfordern. Darüber hinaus gibt es oft auch Themen, die zu Beginn vertraglich nicht exakt festgelegt und erst im Projektverlauf geklärt und detailliert werden. In solchen Fällen verhandeln die externe Auftragnehmer- und Auftraggeberseite nach und legen fest, wie sie sich geeinigt haben. Die Ergebnisse werden jeweils dokumentiert und haben dadurch Vertragscharakter. Sie werden ebenfalls in der Vertragsübersicht erfasst. Die Einigung soll durch Unterschrift beider Seiten festgehalten werden.

Praxistipp 2-7: (Teil-)Neuvergaben bei Änderungen prüfen
In der öffentlichen Verwaltung ist anhand des Vergaberechts festzulegen, ob für Änderungen eine neue Vergabe erforderlich ist. Bei Änderungen mit erheblicher Auswirkung auf das Projekt kann im Zweifelsfall auch eine neue Vergabe der gesamten Leistung nötig werden.

3. Vertragserfüllung prüfen und Abnahme durchführen

Im Laufe des Projekts erfolgen Zwischenabnahmen und zum Projektende die Gesamtabnahme der Ergebnisse.

Wird im Rahmen der jeweiligen Abnahme festgestellt, dass die (im Rahmen des Anforderungs- und Änderungsmanagement sowie des Qualitätsmanagements definierten) funktionalen und/oder inhaltlichen Anforderungen erfüllt wurden, kann die formale Abnahme ausgesprochen werden. Die Abnahme wird im Abnahmeprotokoll dokumentiert und in der zugehörigen Abnahmeerklärung formal bestätigt.

Oft erfolgt eine Abnahme unter Auflagen, das heißt mit einer Vereinbarung zur Behebung von Fehlern bzw. zur Lösung eventuell noch vorhandener Probleme. Erst mit der formalen Abnahme ist der Vertrag erfüllt und erst dann werden Zahlungen geleistet.

Praxistipp 2-8: Bei vorzeitiger Abnahme aus Budgetierungsgründen Auflagen klar regeln
In der öffentlichen Verwaltung unterliegen die Zahlungen normalerweise dem Prinzip der Jährlichkeit der öffentlichen Haushalte – das heißt, unter Umständen kommt die Auftraggeberseite in die Situation, die Abnahme aussprechen zu wollen, da im nächsten Haushaltsjahr kein Budget für die an die Abnahme geknüpfte Zahlung vorgesehen ist.

In diesem Fall ist zwischen Auftraggeberseite und externer Auftragnehmerseite detailliert festzulegen, welche Leistungen die Auftragnehmerseite trotz formal erteilter Abnahme ("unter Vorbehalt“ oder „mit Mängeln“) noch zu erbringen hat.

Die Abnahme darf aus Sicht der Auftraggeberseite erst erteilt werden, wenn das Projektergebnis ausreichend getestet, geprüft und für gut befunden wurde. Denn die Abnahme markiert den Beginn der Gewährleistungsfrist. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Beweislastumkehr für Fehler, das heißt, die Auftraggeberseite muss darlegen, dass es sich bei einem aufgetretenen Mangel tatsächlich um einen Fehler handelt.

2.3 Ergebnisdokumente

Wesentliche Ergebnisdokumente des Vergabe- und Vertragsmanagements sind:

  • Vergabeunterlagen: Die Vergabeunterlagen (Ausschreibungsunterlagen) enthalten alle Informationen, die ein möglicher externer Auftragnehmer bzw. externe Auftragnehmerin zur Einschätzung der zu liefernden Ergebnisse und für die Abgabe eines Angebots benötigt. Die Unterlagen enthalten daher nicht nur die inhaltliche Spezifikation der zu liefernden Ergebnisse, sondern alle weiteren relevanten Informationen wie Termine, einzuhaltende Prozesse und Rahmenbedingungen, etc. Zu den Vergabeunterlagen gehören – je nach Vergabeart – etwa Leistungsbeschreibung, Bewertungsmatrix, Kriterienkatalog und EVB-IT-Vertrag.
  • Verträge: Ein Vertrag muss alle wesentlichen Vereinbarungen enthalten, die für die Zusammenarbeit der beiden Vertragsparteien wichtig sind. Bei Verträgen mit externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmern zählen hierzu vor allem die für den Vertrag relevanten Teile der Vergabeunterlagen und das Angebot der ausgewählten Auftragnehmerin oder des Auftragnehmers. Ein IT-Vertrag muss zudem die EVB-IT berücksichtigen. Für Verträge mit anderen Projektpartnerinnen und -partnern (z. B. andere Behörden) gibt es keine festen Vorgaben. Die Verträge müssen aber so konkret sein, dass beiden Seiten klar ist, wie die gemeinsame Zusammenarbeit aussehen soll.
  • Vertragsübersicht: Die Vertragsübersicht enthält alle für das Projekt relevanten Verträge und deren Status (in Arbeit, abgeschlossen), wichtige zu beachtende kaufmännische Inhalte sowie Meilensteine (z. B. vereinbarte Lieferungen, Zahlungsmeilensteine) und deren Status (offen, verzögert, erledigt). Im Fall von nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist angegeben, welche Konsequenzen daraus resultieren (z. B. bei verzögerter Lieferung der neue zugesagte Liefertermin, eventuell Zahlung von vereinbarten Vertragsstrafen). Ein weiterer Bestandteil der Vertragsübersicht ist das Lizenzmanagement. Es gibt einen vollständigen Überblick über die beschafften bzw. zu beschaffenden Lizenzen und beantwortet dafür folgende Fragen:
    • Welche Lizenzen sind in welchem Zeitraum vorhanden?
    • Wie sind Lizenzen definiert (z. B. übertragbar, nutzergebunden)?
    • Von welchem Mitarbeitenden oder welchem Teilprojekt wird eine Lizenz in welchem Zeitraum eingesetzt bzw. benötigt?
    • Mit Hilfe des Lizenzmanagements lässt sich frühzeitig der Bedarf an weiteren Lizenzen ermitteln.
  • Abnahmeunterlagen: Die Abnahme besteht aus mehreren Schritten und Dokumenten (Dokumentation der erbrachten Leistungen, Prüfkriterien, Prüfprotokoll für die erbrachten Leistungen, Abnahmeerklärung einschließlich der Beurteilung der erbrachten Leistungen). Diese Dokumente belegen die formale Abnahme all jener Ergebnisse, für die eine Abnahme nötig und vorgesehen ist. Die Dokumenten beinhalten Listen der bei der Abnahme erkannten Fehler und offenen Punkte sowie Vereinbarungen über die Behebung der Fehler bzw. Lösung der offenen Punkte, z. B. mit Terminen/Versionen für die Fehlerbehebung, Vereinbarungen von Umgehungslösungen, etc..

2.4 Rollen

Die folgenden Rollen sind für das Vergabe- und Vertragsmanagement relevant:

RolleFunktion
Projektleiterin, Projektleiter (Auftraggeberseite)

Verantwortlich für die Vertragseinhaltung auf Auftraggeberseite, formale Abnahme.

  • Stellt die funktionale/inhaltlichen Abnahme der vom externen Auftragnehmer gelieferten Ergebnisse (siehe auch Modul „Anforderungs- und Änderungsmanagement“) sicher.
  • Zuständig für die formale Abnahme.
  • Delegiert die Aufgaben des Vergabe- und Vertragsmanagements an weitere Projektmitarbeitende.
Projektleiter, Projektleiterin (externe Auftragnehmerseite)

Trägt die Gesamtverantwortung für die Vertragseinhaltung auf Seiten der externen Auftragnehmerseite.

  • Delegiert die Aufgaben des Vergabe- und Vertragsmanagements an weitere Projektmitarbeitende.
Ausschreibungs- und Vertragsverantwortliche Person (Auftraggeberseite)

Legt die ausschreibungsrelevanten Teile des Projekts fest.

  • Bereitet die Ausschreibung vor, legt Auswahlkriterien für die externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer fest.
  • Wählt die externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer aus.
  • Zuständig für Vertragsgestaltung, -abschluss und -pflege unter Einbeziehung der verantwortlichen Mitarbeitenden der Vertragsparteien.
Vertragsadministrator, Vertragsadministratorin (Auftraggeberseite)

Schafft Transparenz über Verträge und Vertragsinhalte.

  • Unterstützt bei der formalen Vertragsabwicklung, z. B. Rechnungsstellung, Anweisung von Zahlungen, Prüfung von Fristen (z. B. für Lizenzerneuerungen).
  • Ist in großen Projekten häufig Mitglied des PMO.
Expertin, Experte für Vergaberecht

Berät dahin, dass das Vergabeverfahren allen vergaberechtlichen Anforderungen genügt.

  • Unterstützt in der Formulierung und Ausgestaltung der Prozesse und Unterlagen.
  • arbeitet häufig im Beschaffungswesen.
Tabelle 4: Rollen und Funktionen im Vergabe- und Vertragsmanagement

2.5 Erfolgsmessgrößen

Die folgenden Punkte sind exemplarische qualitative Erfolgsmessgrößen des Vergabe- und Vertragsmanagements:

  • Die Verträge enthalten eine Klarstellung der jeweiligen Zuständigkeiten von Auftraggeber- und Auftragnehmerseite und haben rechtliche Verbindlichkeit für beide.
  • Die Vertragsübersicht ist vollständig, das heißt sie enthält alle Verträge und relevanten Meilensteine.
  • Die Vertragsübersicht ist aktuell, das heißt sie beschreibt den aktuellen Status der Vertragseinhaltung zu jedem für das Projekt relevanten Vertrag.

Zu den quantitativen Erfolgsmessgrößen gehören unter anderem:

  • Anzahl der externen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, die erst nach dem eigentlich geplanten Einsatzbeginn ausgewählt wurden.
  • Anzahl von Vertragsänderungen (außer Änderungsanforderungen).
  • Anzahl der Tage, die auf den Abschluss von Verträgen oder die Bereitstellung von benötigten Lizenzen bz Produkten gewartet werden muss.

2.6 S-O-S-Vorlagen

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Stand 04.11.2019