"Nach so langer Zeit wird unser Schicksal gewürdigt …"
Im November 2015 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, das persönliche Schicksal derjenigen Deutschen, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit oder ihrer deutschen Volkszugehörigkeit Zwangsarbeit leisten mussten, mit einer einmaligen, symbolischen Anerkennungsleistung in Höhe von 2.500 Euro zu würdigen. Im Bundesministerium des Innern (BMI) wurde daraufhin eine entsprechende Richtlinie ausgearbeitet, die am 1. August 2016 in Kraft trat.
Mit der Umsetzung der Richtlinie hat das BMI das Bundesverwaltungsamt (BVA) beauftragt. Im BVA, das vielfältige Erfahrungen mit der Ad-hoc-Übernahme administrativer Aufgaben aus den Ministerien hat, wurde nach der Entscheidung zügig eine Projektgruppe für die Bearbeitung der Anträge eingerichtet. Personal wurde aus der Außenstelle Hamm gewonnen, wo in den 1990-er Jahren bereits das Spätaussiedleraufnahmeverfahren betrieben worden war. Weitere personelle Unterstützung kam durch eine Ausschreibung hinzu. Die technischen Herausforderungen der Einrichtung einer Datenbank zur Bearbeitung und Dokumentation der Anträge sowie einer Hotline zur Beratung der Antragsteller wurden innerhalb weniger Wochen bewältigt.
In der Projektgruppe „Anerkennungsleistung an deutsche Zwangsarbeiter“ (AdZ) sind seit Inkrafttreten der Richtlinie bereits 3.000 Anträge eingegangen, 5.000 Telefonanrufe wurden entgegengenommen. Die ersten Leistungsbescheide für die Anerkennungsleistung wurden schon im August 2016 erteilt.
Quelle: Bundesministerium des Innern
Stellvertretend für die Opfergruppe der zivilen deutschen Zwangsarbeiter hat der Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, die 92-jährige Elisabeth Till ins Bundesministerium des Innern zur persönlichen Übergabe des Bescheides über die Anerkennungsleistung eingeladen. Sie wurde von ihrem Sohn begleitet.
Die im siebenbürgischen Mühlbach (rumänisch: Sebeș) geborene und im Banat aufgewachsene Elisabeth Till war am 15. Januar 1945, nach der Besetzung Rumäniens durch die sowjetische Armee, im Alter von 20 Jahren ohne Vorankündigung in Gewahrsam genommen und in das sowjetukrainische Dnjepropetrowsk (heute: Dnipro) deportiert worden. Dort musste sie – bei völlig unzureichender Verpflegung und Unterbringung - unter schwersten Bedingungen Zwangsarbeit leisten.
Im Kreise von Bundesbeauftragtem Hartmut Koschyk, dem Bundestagsabgeordneten und Präsidenten des Bundes der Vertriebenen Dr. Bernd Fabritius, dem Vorsitzenden der Gruppe Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Klaus Brähmig sowie Mitarbeitern des Bundesministeriums des Innern und der Leitung der Projektgruppe „Anerkennungsleistung an deutsche Zwangsarbeiter“ im Bundesverwaltungsamt berichtete Elisabeth Till über ihr Zwangsarbeiterschicksal.
Anschließend überreichte ihr der Leiter der Projektgruppe „Anerkennungsleistung an deutsche Zwangsarbeiter“ Rainer Hoffstedde ihren Leistungsbescheid. Elisabeth Till unterstrich die emotionale und moralische Bedeutung der symbolischen finanziellen Anerkennungsleistung: „Nach so langer Zeit wird unser Schicksal gewürdigt!“
Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk dankte Rainer Hoffstedde und seiner Stellvertreterin Maria Dierkes stellvertretend für alle Mitarbeiter des Bundesverwaltungsamtes für die bisherige Arbeit. Er habe den festen Eindruck gewonnen, dass die Mitarbeiter bei der Bearbeitung sehr engagiert seien und sehr professionell arbeiteten.
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Stand 23.09.2016